Der Tag hatte bereits seltsam begonnen, wobei nicht der Tag seltsam war, sondern eher ihre Stimmung. So wirklich hatte Emilia keine Ahnung, ob sie gelangweilt war oder gerade doch voller Energie steckte. Allerdings tat sich rein gar nichts aufregendes, ihre Brüder waren nicht anzutreffen, ihre Freunde hatten keine Zeit. Es war doch wirklich frustrieren, weshalb sie sich kurzerhand dazu entschlossen hatte, mal wieder etwas für ihre Ausdauer und vor allem ihre Figur zu machen. Nun war Emilia hier, die Kopfhörer in den Ohren, wo laute Musik heraus dröhnte und lief dabei auf dem Laufband. Sie lief nicht besonders schnell, dennoch war sie jetzt bereits aus der Puste. Aus dem Laufband kam sie sich gerade wirklich vor wie ein Kettenraucher, dabei hatte sie in ihrem gesamten Leben nur eine einzige Zigarette geraucht, wobei das Wort Rauchen nicht das richtige war. Nach dem zweiten Zug verfiel die Brünette in einen Hustenanfall und schmiss das Zeug weg. Seit dem hatte sie nie wieder eine Zigarette angerührt. Und doch fehlte ihr die Kondition und bevor sie vom Laufband fiel, stieg sie erst mal ab und setzte sich schon fast keuchend auf den Boden. Es war doch unfassbar, wie alle anderen es aushielten und sie die Einzige gerade hier war, die kurz vor einem Herzstillstand stand.

Jack hatte schon ein bis zwei Stunden im Fitnesscenter verbracht und saß nun auf einer Bank an der Wand und trank eine Wasserflasche nach der anderen. Normalerweise war Jack eher faul, aber heute hatte er einen dieser seltenen Tage, an dem er den Drang hatte sich zu bewegen und etwas Sport zu machen. Normalerweise ging er dann immer joggen, da ihm die Natur lieber war als ein Fitnesscenter, aber etwas Abwechslung, so hatte er sich gedacht, konnte auch nicht schaden. Also saß Jack nun da und beobachtete die Menschen, die im Fitnesscenter trainierten. Nur wenige Meter von ihm weg, genau in Jacks Blickfeld, lief eine junge, dunkelhaarige Frau auf dem Laufband. Sie sah gar nicht so übel aus und Jack konnte nicht anders, als sie anzustarren. Plötzlich stieg die Frau vom Laufband ab und setzte sich keuchend auf den Boden. Sie sah fast so aus, als würde sie jeden Moment umkippen. Kam wohl nicht so oft hier her...sah allerdings gar nicht so unsportlich aus. Kurz überlegte der junge Mann hin und her, dann nahm er etwas Mut zusammen, stand auf und ging mit einem breitem Grinsen auf die Frau zu. Lässig lehnte er sich an die Vorderseite des Laufbands und hätte beinahe einen der Knöpfe erwischt mit denen man die Schnelligkeit umstellen konnte. Na das fing ja super an.. Jack räusperte sich kurz, ehe er endlich die Sprache wieder fand und sich, natürlich so cool wie möglich, zu der Frau hinunter beugte. "Na, anstrengend?", fragte er erst und grinste ein wenig bescheuert zu ihr hinunter. Die Frau atmete noch immer schwer und Jacks Gesicht wurde etwas ernster. "Alles okay? Willst du was zu trinken oder so?", fragte er und war etwas überrascht über sich selbst. Wahrscheinlich hielt ihn die Angesprochene jetzt für komplett bescheuert und ruhte sich nur einen kurzen Moment aus, während er gleich so tat, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen.

Oft täuschte das Aussehen, denn Lia sah zwar, wegen ihrer schlanken Figur, sportlich aus, aber sie war es absolut nicht. Ganz im Gegenteil. Während sie nun auf dem Boden saß und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, nahm sie niemanden in ihrer Umgebung wahr. Viel zu sehr war die junge Brünette damit beschäftigt, um sich selbst zu bemitleiden und innerlich zu fluchen, dass sie sich zu viel vorgenommen hatte, als sie abkann. Immer wieder holte sie tief Luft und ließ sich nach hinten sinken, um auf dem Rücken zu liegen, dabei schloss sie die Augen und ganz langsam kam sie wieder zu Atem. Als sie eine Männerstimme hörte, öffnete sie die Augen und blickte als erstes an die Decke, bis ihr Blick Jack traf, der lässig gegen die Vorderseite des Laufbands gelehnt war und selbst scheinbar ziemlich ungeschickt war. Sie grinste leicht, verkniff es sich gleich aber wieder. „Ach nö. Ich liege hier nur zum Spaß. Ist eine neue Art von Yoga. Solltest du auch mal versuchen“ antwortete sie keck, machte dabei keine Anstalten aufzustehen. Liegen war eh bequemer als stehen. „Ich weiß noch nicht, ob alles okay ist. Ich glaube, mein Herz versagt gleich oder es scheuert mir gleich links und rechts eine und ergreift die Flucht…“ auch bei dieser Antwort blieb sie liegen, grinste allerdings zu ihm hoch. „Arbeitest du hier? Dann siehst du ja sicher öfter kollabierende möchte gern Sportler, hm?“ Zumindest hoffte sie, dass sie nicht sie Einzige war, sie so allergisch auf Sport reagierte, wie sie es gerade tat.

Ein breites Grinsen flog über Jacks Gesicht, als die junge Frau meinte, dass es eine neue Art von Yoga wäre, wie sie hier ausgestreckt auf dem Boden lag, und das er das unbedingt auch mal versuchen sollte. „Aus Spaß in Fitnesscentern herumzuliegen muss ein tolles Hobby sein, vor allem wenn man auch noch behaupten kann, es wäre Yoga, was?“, meinte er und sah amüsiert zu der Dame hinunter, die nicht im geringsten irgendwelche Anstalten machte wieder aufzustehen. Irgendwie machte diese lockere Art, die sie an sich hatte, die Frau gleich symphatisch. „Naja, ich denke du wirst es grade so überleben. Deinen Humor hast du anscheinend ja nicht verloren, da wird dein Herz bestimmt freundlicherweise auch bei dir bleiben.“ Jack zwinkerte ihr zu, dann verfiel er in einen kurzen Lachanfall, da sie ihn fragte, ob er hier arbeiten würde. „Seh ich etwa so sportlich aus?“, fragte er stolz und sah kurz an sich selbst hinunter.
Gut, er war jetzt nicht dick, sah sogar eigentlich ziemlich sportlich aus, aber trotzdem lag er viel lieber den ganzen Tag auf der Couch rum, als die ganze Zeit Sport zu machen. Er war eben faul, zumindest meistens. Dabei war er früher eine richtige Sportskanone gwesen, aber momentan war er einfach etwas lustlos, wenn es um körperliche Anstrengung ging.
Jacks Gesicht wurde wieder etwas ernster und er schüttelte den Kopf. „Nee, ich arbeite nicht hier. Aber um mir kollabierende Möchtegernsportler wie dich anzusehen nehme ich gerne mal den Weg ins Fitnesscenter auf mich“, erklärte er grinsend und beugte sich dann noch etwas zu ihr hinunter. „Ich gehöre übrigens selbst auch gerne mal zu der Fraktion kollabierender Möchtegernsportler, aber pssst!“, flüsterte er ihr verschwörerisch zu und machte dabei ein todernstes Gesicht, so todernst, wie er es hinbekam zumindest. Vielleicht würde es sie ja trösten zu wissen, dass sie nicht die einzige etwas unsportliche Person hier war. Nach kurzen Zögern hielt Jack der "Bodenturnerin" dann seine rechte Hand hin. „Also, willst du jetzt noch ein bisschen Yoga da unten machen und vor dich hingammeln, oder soll ich dir hoch helfen?“, fragte er grinsend. Abwartend auf eine Reaktion ihrerseits fügte er noch hinzu:“Ich bin übrigens Jack.“